Kastrationen – Warum es so wichtig ist Tiere zu kastrieren
In vielen Teilen Europas gelten Tiere, die in Deutschland so selbstverständlich im Haus gehalten werden, als Nutztiere. Besonders Hunde, aber auch Katzen müssen einen Zweck erfüllen. Dabei besitzen die Halter dieser Tiere kaum Wissen über ihr Sozialverhalten und ihre Bedürfnisse, ganz zu schweigen vom Tierschutzgedanken. Aus dieser Unwissenheit heraus entwickelt sich in diesen Ländern ein großes Problem, das Problem der herrenlosen Streuner. Als Streuner werden Hunde und Katzen bezeichnet, die sich über einen längeren Zeitraum alleine versorgen und ohne Bindung an einen Menschen (Besitzer) auf der Straße leben.
In Ländern, in denen Streunertiere leben, gibt es meist viel zu viele von ihnen. Die Ursache ist eine unkontrollierte Vermehrung in den teils wilden Rudeln. Die Tiere leben von den Abfällen der Menschen und halten sich vor allem in Wohngegenden und Touristenhochburgen auf. Dort werden diese Hunde und Katzen als Plage angesehen. Leider versuchen immer noch viele Länder, diesem Problem entgegenzuwirken, in dem sie die „überflüssigen“ Tiere mit zumeist brutalen bis grauenhaften Maßnahmen zu dezimieren versuchen. Dabei ist die einzige Schuld der unzähligen Hunde und Katzen dabei, überhaupt zu existieren. Das Elend der Streunertiere und Wachhunde in süd- und osteuropäischen Ländern lässt sich nicht in Worte fassen. In vielen Gegenden kämpfen Tierschützer gegen das Elend mit der wohl effektivsten Tierschutzmaßnahme: die Kastration.
Dieser Artikel will über die Situation der Tiere aufklären und die Vor-und Nachteile einer Kastration von Tieren darstellen. Das Problem der Streuner ist vielschichtig. Viele dieser Tiere haben in ihrem Leben bereits in Haushalten von Menschen gelebt. Das Halten von Haustieren ist in ganz Europa beliebt. „Züchter“ vermehren unkontrolliert Hunde und Katzen und verkaufen die niedlichen Welpen an ihre zahlreichen Kunden. In vielen Ländern (auch in Belgien) kann man sogar in so genannten Pet Shops billige, reinrassige Tiere kaufen. Die Welpen dienen als Spielkameraden für die Kinder. Sind die Hunde erwachsen, verliert man schnell die Lust an ihnen, dann muss das Tier weg. Die billigste Methode ist das Aussetzen.
Ein anderes Problem ist die Haltung von Wachhunden, die in den entlegensten Gebieten Tag und Nacht an Tonnen und sonstige Verschläge angebunden sind. Die Hündinnen unter ihnen sind den streunenden Rüden ausgeliefert und werden bei jeder Hitze gedeckt. Sie bringen zahlreiche Welpen auf die Welt. Einige von ihnen werden vom Besitzer als Wachhunde an Nachbarn verkauft. Viele überleben nicht, sie erliegen den Ratten, Parasiten, Krankheiten oder dem Besitzer, der die ungewollten Welpen ertränkt. Alle anderen sind auf sich alleine gestellt. Überleben sie ungeimpft und voller Parasiten die Welpenzeit werden sie zu herrenlosen Streunern und werfen ihrerseits viel neue Welpen.
Diese Nachkommen solcher Hunde und Katzen haben in ihrer Prägephase kaum Kontakt zu Menschen. Sie sind wilde Streuner, angepasst an das Leben auf der Straße, mit großer Scheu vor den Menschen und ohne die Kenntnis menschlicher Fürsorge. Hinzu kommen die zahlreichen Traditionen der unterschiedlichen Länder, bei Feierlichkeiten, Gedenktagen und zu religiösen Anlässen Tiere leidvoll sterben zu lassen (Stiere, Ziegen, Hühner, Enten, Schweine, usw.). Die traditionell geprägte Grundeinstellung zu Tieren beinhaltet einen grausamen Umgang mit Haus- und Nutztieren!
Es zeigt sich, dass der Mensch das eigentliche Problem ist. In ihren Haushalten kommt es zu (zahlreichen) nichtverhinderten Trächtigkeiten der Haustiere. Hunde und Katzen werden zweckgebunden angeschafft. Sie dienen als niedliches Spielzeug für Kinder – aber nur, so lange sie klein sind. Sie dienen als Jagdwerkzeug – bis sie nicht mehr können. Sie dienen zur Bewachung eines Grundstückes - auch wenn es nicht bewohnt ist und keiner da ist, der sich um das Tier kümmern kann. Können die Tiere ihren Zweck nicht mehr erfüllen, werden sie gestraft und getötet. Sie werden schlecht behandelt, geschlagen, irgendwo angebunden, landen auf dem Müll, dienen als lebende Zielscheibe oder werden eingesperrt. Sie werden ausgesetzt, ihrem Schicksal überlassen oder in Tötungsstationen abgegeben. Hier finden sie dann oft ein langsames Ende.
Gleichzeitig ist die medizinische Versorgung aller Tiere nur dürftig gegeben, Kastrationen und Euthanasie sind mit den herrschenden moralischen oder religiösen Werten nicht vereinbar und Tierarztbesuche zu teuer.
Ohne Bedacht der Folgen werden die unbequem gewordenen Tiere ausgesetzt, die ihrem Instinkt folgend für eine Zunahme der Streunerpopulation sorgen. Denn Hunde und Katzen sind weitgehend triebgesteuert, das trifft vor allem auf den Fortpflanzungstrieb zu. Es ist der Instinkt der Tiere, die eigenen Gene zur Arterhaltung so oft wie möglich weiter zu geben. Selbst wenn die Tiere selbst ums Überleben kämpfen, leben sie ihren Instinkt tagtäglich aus und zeugen unzählige Nachkommen. Sie gebären ihre Jungen in ein Elend hinein, das viele von ihnen selber nicht lange überleben werden. Um diesem Kreislauf entgegen zu wirken, ist es wichtig, die Einheimischen (und die Touristen) über das Problem und die Folgen aufzuklären. Tierschutzvereine informieren über die Zusammenhänge, sprechen Tierhalter an und sensibilisieren durch Öffentlichkeitsarbeit für die Belange des Tierschutzes. Kinder und Jugendliche werden bereits in den Schulen über die Bedürfnisse von Tieren informiert.
Reiseveranstalter und Hotels wird praktizierter Tierschutz als tourismusfördernd nahegelegt. Gleichzeitig werden Kastrationsaktionen durchgeführt. Freilebende Tiere (Hunde und Katzen) werden dabei kastriert, um die Streunerpopulation einzudämmen.
Vorteile und Nachteile von Kastrationen:
Gerade bei weiblichen Tieren ist die Kastration keine kleine Operation. Der Bauchschnitt und die anschließende Vernähung der Wunde belasten den Körper, so dass Hündin und Katze, auch wenn sie wild leben, nach dem Eingriff ein paar Tage unter Beobachtung gehalten werden müssen.
Doch der Aufwand lohnt sich. Nach der Operation bleiben die weibliche Tiere oft gesünder als vorher. Der Körper wird durch Schwangerschaften, Geburt und Aufzucht der Jungen nicht mehr geschwächt und Hündin und Katze können vom Nahrungsangebot besser (über-)leben. Angebundene Wachhündinnen sind den Rüden nicht mehr so ausgeliefert, werden nicht mehr mehrmals von verschiedenen Rüden gedeckt und müssen ihre Welpen nicht mehr angekettet unter Schmerzen zur Welt bringen. Auch die Gefahr, Gesäugetumore und Gebärmuttererkrankungen zu bekommen, wird durch die Kastration vermindert.
Auch bei Rüden und Katern überwiegen die positiven Faktoren. Die Streuner-Männchen legen oft große Strecken zurück, um läufige/rollige Weibchen aufzuspüren. Dieser Drang verschwindet nach der Kastration. Die Tiere werden ruhiger, verlassen seltener ihr Revier und geraten deshalb auch weniger in Gefahr, im Straßenverkehr umzukommen. Die Kastration hat jedoch auch Nachteile, die hier nicht unerwähnt bleiben sollen:
Eine Kastration ist eine Operation, die unter Vollnarkose durchgeführt wird. Gerade bei den Streunertieren, wo Vorerkrankungen nicht bekannt sind, besteht ein (erhöhtes) Narkoserisiko, d.h. dass die Tiere unter Umständen nicht mehr aus der Narkose aufwachen.
Außerdem besteht die Gefahr einer Inkontinenz bei Hündinnen und einer Gewichtszunahme und Fellveränderungen durch den hormonell veränderten Stoffwechsel. Angesichts der zum Teil massiven Belastung durch Streunertiere in vielen Gegenden kann festgestellt werden, dass die Vorteile der Kastration überwiegen. Die Tiere können ein angenehmeres, gesünderes und satteres Leben führen. Sie brauchen sich nicht mit unzähligen Artgenossen um Futterquellen zu streiten, finden mehr Nahrung und führen weniger Kämpfe.
Kastrationen retten Leben – sie sind somit ethisch vertretbar und die beste Möglichkeit, Tierelend zu reduzieren.
Autorin: Barbara G.